Informationen & Fakten
- Sucht ist eine weit verbreitete, aber überraschend missverstandene Krankheit
- Was ist die medizinische Definition von Sucht?
- Was sagt uns die Wissenschaft über Substanzmissbrauch und Abhängigkeit?
- Warum wird Sucht als Gehirnerkrankung betrachtet?
- Wie entwickelt sich die Abhängigkeit von Alkohol oder anderen Drogen?
- Was sind die Hauptsymptome eines Abhängigkeitssyndroms?
- Welche Auswirkungen hat der Drogenmissbrauch eines geliebten Menschen auf die Familie?
- Anzeichen von Sucht
- Selbsttest
Sucht: Eine missverstandene Krankheit
Für einen verhaltensbezogenen Gesundheitszustand, der Millionen von Menschen, ihre Familien und ihr Umfeld betrifft, wird die Abhängigkeit von Alkohol oder anderen Drogen weitgehend missverstanden und stigmatisiert. Kurz gesagt, Sucht ist eine chronische, wiederkehrende Krankheit. Die verhaltensbedingten Aspekte der Erkrankung sind durch den fortgesetzten Konsum von Alkohol oder anderen Drogen gekennzeichnet, selbst wenn dieser Konsum Schaden verursacht oder die Erreichung von Lebenszielen behindert.
Manchmal wird Sucht beschrieben als „eine Krankheit des Verstandes, des Körpers und des Geistes“. Das liegt daran, dass die Erkrankung ein physisches und psychisches Verlangen bzw. den Zwang zur Einnahme stimmungsverändernder Substanzen beinhaltet und dass eine Genesung physische, psychische und emotionale Heilung erfordert.
„eine Krankheit
des Verstandes,
des Körpers und
des Geistes“
Nach aktuellen Schätzungen gibt es in Österreich ungefähr:
2,2 millionen
Raucher – davon erfüllen 1,2 Millionen die Kriterien der Abhängigkeit
370.000
Alkoholabhängige
150.000
Arzneimittel- bzw. Medikamentenabhängige
37.000
Drogenabhängige (Opioide)
Was ist die medizinische Definition von Sucht?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Abhängigkeit als einen seelischen, eventuell auch körperlichen Zustand, der dadurch charakterisiert ist, dass ein Mensch trotz körperlicher, seelischer oder sozialer Nachteile ein unüberwindbares Verlangen nach einer bestimmten Substanz oder einem bestimmten Verhalten empfindet, das er nicht mehr steuern kann und von dem er beherrscht wird.
Durch zunehmende Gewöhnung besteht die Tendenz, die Dosis der Substanz bzw. die Häufigkeit der Handlung zu steigern. Einer Abhängigkeit liegt der Drang zugrunde, die psychischen Wirkungen des Suchtmittels/der Handlung zu erfahren, zunehmend auch das Bedürfnis, unangenehme Auswirkungen ihres Fehlens (Entzugserscheinungen wie Unruhe, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Angstzustände, Schweißausbrüche) zu vermeiden.
Unterschied Psychische und physische Abhängigkeit
- Psychische Substanzabhängigkeit ist definiert als übermächtiges, unwiderstehliches Verlangen, eine bestimmte Substanz immer wieder einzunehmen bzw. eine bestimmte Handlung immer wieder auszuführen, um ein Lustgefühl zu erlangen und/oder ein Unlustgefühl zu vermeiden
- Physische (körperliche) Abhängigkeit ist charakterisiert durch eine Toleranzentwicklung, die zur Dosissteigerung führt sowie durch das Auftreten von körperlichen Entzugserscheinungen bei Absetzen der Substanz/Unterdrückung der Handlung (z.B. Zittern, Unruhe, Schweißausbrüche).
Weiters unterscheidet man zwischen stoffgebundenen (Alkohol, Medikamente, illegale Drogen, Nikotin, Koffein, etc.) und nicht-stoffgebundenen Abhängigkeiten (Spielsucht, Kleptomanie, Kaufsucht, etc.)
Die stoffgebundene Erkrankung wird mittlerweile als „Abhängigkeitssyndrom“ bezeichnet. Der Terminus Sucht soll vermieden werden um die Stigmatisierung Erkrankter zu verhindern und deutlich zu machen, dass es sich bei Abhängigkeiten um Krankheiten handelt. Dieser Begriff ist damit differenzierter als Sucht, welche unterschiedslos stoffliche und nichtstoffliche Abhängigkeiten umfasst.
Die stoffgebundene Abhängigkeit basiert auf einer Fehlsteuerung des Belohnungssystems im Gehirn – Suchtmittel aktivieren verschiedene Botenstoffe, welche zum Beispiel Wohlbefinden oder Euphorie auslösen, wodurch die Einnahme dieser Mittel anschließend als positiver Reiz wahrgenommen wird. Wenn dieser Reiz nun fehlt, empfindet die betroffene Person eine Art Belohnungsdefizit, mit der Folge, dass der unkontrollierte Wunsch nach dem Suchtmittel entsteht. Sucht ist keine Charakterschwäche oder ein krimineller Zustand, sondern eine Krankheit, die im Gehirn nachgewiesen werden kann.
Wie bei anderen chronischen Krankheiten wie Diabetes, Asthma und Bluthochdruck kommt es bei der Sucht häufig zu Zyklen von Rückfällen (Wiederauftreten der Symptome) und Remissionen.
Kritische Fakten über Abhängigkeit
- Sucht ist progressiv – wenn sie nicht behandelt wird, wird sie schlimmer
- Sucht ist chronisch – es gibt keine Heilung, aber sie kann erfolgreich behandelt werden
- Sucht ist potenziell tödlich
Was sagt uns die Wissenschaft über Substanzmissbrauch und Abhängigkeit?
Die Wissenschaft hat jahrzehntelang darum gekämpft, die Mythen und falschen Vorstellungen über die Natur der Drogen- und Alkoholabhängigkeit zu entlarven. Menschen mit Suchtproblemen wurden früher eher für moralisch unzulänglich und willensschwach gehalten, als dass man sie als Opfer einer Krankheit sah. Bezeichnungen und Begriffe wie „Alkoholiker“, „Drogensüchtiger“ und sogar „Junkie“ werden auch heute noch überwiegend verwendet und stigmatisieren die Krankheit und die Menschen, die an der Krankheit leiden, weiter. Diese Sprache und diese Ansichten prägen die Reaktion der Gesellschaft auf die stoffgebundene Abhängigkeit und behandeln die Erkrankung als moralisches Versagen und nicht als komplexes verhaltensbezogenes Gesundheitsproblem, was dazu führt, dass der Schwerpunkt auf Bestrafung und nicht auf Krankheitsvorbeugung und -behandlung gelegt wird.
Dank der Wissenschaft und Interessenvertretungen ist unser Verständnis von Substanzgebrauchsstörungen und des Suchtverhaltens heute weit fortgeschritten, und die paritätische Deckung durch die Krankenversicherung hat mehr Menschen den Zugang zu einer wirksamen Behandlung ermöglicht.
Trotz dieser Fortschritte bestehen nach wie vor falsche Vorstellungen darüber, warum Menschen süchtig werden, oder ein mangelndes Verständnis darüber, wie Drogenkonsum das Gehirn verändert. Sehen Sie sich das Video an, um mehr darüber zu erfahren.
Sucht eine Gehirnerkrankung?
Die wissenschaftliche Forschung hat herausgefunden, wie die Hirnschaltkreise und die chemischen Prozesse des Gehirns durch langfristigen Konsum von Alkohol und anderen Suchtmitteln beeinflusst werden. Einfach ausgedrückt: Anhaltender Drogenkonsum verändert die Gehirnstruktur. Drogenkonsum erhöht die Freisetzung des Glückshormons Dopamin. Wenn Dopamin aufgrund des Drogenkonsums routinemäßig im Überfluss vorhanden ist, versucht das Gehirn im Laufe der Zeit die Dinge auszugleichen, indem es weniger Dopamin produziert.
Zu diesem Zeitpunkt ist das Gehirn auf Substanzen angewiesen, um die Freisetzung von Dopamin auszulösen. Und das ist der Zeitpunkt, an dem Menschen anfangen, Alkohol und andere Drogen zu konsumieren, nur um sich „normal“ zu fühlen.
„eine Krankheit des Verstandes, des Körpers und des Geistes“
Wie wird man süchtig nach Alkohol oder anderen Drogen?
Zunächst muss man verstehen, dass eine Abhängigkeit nicht über Nacht entsteht. Sucht ist ein fortschreitender, komplexer Prozess, der in einem als „Belohnungszentrum“ bezeichneten Bereich des Gehirns stattfindet – dem gleichen Ort, der die natürlichen, für unsere Existenz lebenswichtigen Belohnungen wie beispielsweise Essen reguliert und verstärkt. Aus diesem Grund geht das süchtige Gehirn dann Alkohol und anderen Drogen nach, als ob diese Substanzen für unser Überleben notwendig wären. Dies ist auch der Grund, warum Menschen mit aktiver Sucht das Streben nach Alkohol oder anderen Drogen über fast jede andere Priorität stellen.
Wissenschaftler haben auch eine Vielzahl von sozialen, psychologischen, genetischen und anderen Faktoren identifiziert, die einige Menschen anfälliger für die Entwicklung einer Substanzgebrauchsstörung machen als andere. Es ist wichtig, in allen Fällen zu verstehen, dass sich niemand dafür entscheidet, abhängig zu werden. Zwei Personen können mit dem Konsum von Alkohol oder anderen Drogen auf ähnliche Weise beginnen, wobei der Konsum der einen Person zu einer Abhängigkeit fortschreitet, während die andere Person gar keine Symptome entwickelt.
Weiters gilt auch immer zu bedenken, dass Personen, die abhängig werden, nie in der Lage sind Alkohol oder andere Suchtmittel zu konsumieren, ohne ihre Gesundheit potenziell zu gefährden. Ihre Gehirnstruktur hat sich in einer Weise verändert, die zwar durch Therapie wieder ins Gleichgewicht gebracht werden kann, aber dieses Gleichgewicht wird immer anfällig für erneuten Konsum bleiben.
Was sind die Hauptsymptome eines Abhängigkeitssyndroms?
Spezifische medizinische, psychologische und verhaltensbezogene Untersuchungen und Evaluierungen dienen dazu, substanzbezogene Abhängigkeiten zu erkennen. Neben den typischen Anzeichen, die Erkrankte aufweisen, gibt es diverse Hauptsymptome nach der Definition im ICD-10, das von der WHO herausgegeben wird:
- Verlust der Kontrolle
- Sehnsüchte
- Körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung oder Reduktion
- Toleranz gegenüber der Substanz
- Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügungen oder Interessen
- Anhaltender Gebrauch trotz nachteiliger Folgen
Auswirkungen von Drogenmissbrauch eines geliebten Menschen auf die Familie?
Familien sind von den schädlichen Folgen der Sucht meist zutiefst betroffen. Um mit dem Chaos des Suchtverhaltens eines geliebten Menschen fertig zu werden, neigen Familien dazu, Geheimnisse zu bewahren, Sündenböcke zu finden und ungesunde Verhaltensweisen wie Verleugnung, Schuldzuweisungen oder Voreingenommenheit anzunehmen. Die Familien brauchen also häufig selbst Hilfe und Unterstützung, um mit dem Suchtverhalten von geliebten Personen umzugehen, bzw. es überhaupt zu erkennen und anschließend adäquat zu handeln, aber auch um gesunde Grenzen zu ziehen. Mehr Informationen hierzu finden sie unter
Wie entwickelt sich die Abhängigkeit von Alkohol oder anderen Drogen?
Wie andere chronische Krankheiten ist die Abhängigkeit von Substanzen zwar nicht „heilbar“, sie kann aber erfolgreich bewältigt werden, so dass betroffene Personen ein normales und erfülltes Leben führen können. Die meisten Menschen, die Therapien in Anspruch nehmen, hören nicht nur auf, Alkohol oder andere Drogen zu konsumieren, sondern sie verbessern auch ihre berufliche, soziale und psychologische Leistungsfähigkeit.
Millionen von Menschen auf der ganzen Welt sind der Beweis dafür, dass Genesung stärker ist als Sucht – Sie sind außerdem der Beweis dafür, dass Behandlung wirkt, Familien heilen und dass das Leben besser wird.
Ab wann spricht man von einer Sucht?
Wie erkenne ich, ob ich oder ein geliebter Mensch Hilfe braucht?
Die Abhängigkeit von Alkohol oder anderen Drogen führt zu negativen Folgen in so gut wie allen Lebensbereichen: sozial, emotional, finanziell, rechtlich, körperliche Gesundheit, Arbeit, Familie und Schule. Das Wissen um die Anzeichen und Symptome der Abhängigkeit kann zu einem früheren Eingreifen und letztlich zu besseren Ergebnissen führen.
- Konsumiert Substanz immer bis zur Berauschung
- Substanz wird zu ungeeigneten Zeiten konsumiert, z.B. vor dem Autofahren, bei der Arbeit oder in der Schule
- Arbeit oder Schule werden versäumt
- Führerscheinverlust
- Beziehungen leiden unter dem Konsum der Person
- Schlechte Leistungen in der Schule oder am Arbeitsplatz
- Geld von der Arbeit, von zu Hause oder von Freunden wird geliehen oder gestohlen
- Geheimnisvolles, defensives Verhalten gegenüber Aktivitäten und Besitztümern (Schulden)
- Ungewöhnliche Stimmungsschwankungen
- Abrupte Temperamentsausbrüche
- Änderungen der Ess- oder Schlafgewohnheiten
- Veränderungen im Freundeskreis bzw. der sozialen Gruppe
- Verlust des Interesses an gewöhnlichen Aktivitäten, Hobbys und Freizeitbeschäftigungen
- Aggressives Verhalten
- Geld oder Wertsachen fehlen zu Hause
- Reisen zu Orten außerhalb des normalen Aufenthaltsbereichs
- Schnelle Gewichtszunahme oder –abnahme
- Langsamer oder schwankender Gang
- Unfähigkeit einzuschlafen oder das Wachsein zu ungewöhnlichen Uhrzeiten
- Unerklärliche Blutergüsse oder Flecken
- Glasige oder rote Augen
- Pupillen, die größer oder kleiner als gewöhnlich sind, blanke Blicke
- Kalte, verschwitzte Handflächen oder zitternde Hände
- Geschwollenes Gesicht, Erröten oder Blässe
- Extreme Hyperaktivität; übermäßige Redseligkeit
- Laufende Nase, trockener Husten
- Nadelstiche an Unterarm, Bein oder Fußsohle
- Übelkeit, Erbrechen oder übermäßiges Schwitzen
- Ungewöhnliches Nasenbluten
- Ungeklärter Ausbruch von Akne
- Ungewöhnliche Gerüche
- Geringe oder keine Energie
- Depressiv oder ängstlich
- Verschlechterung des persönlichen Aussehens oder der Hygiene
In Österreich gibt es zahlreiche Stellen bzw. Krankenhäuser (suchtmedizinische Abteilungen), die Suchtdiagnosen stellen. Sie verfügen über professionelles Personal, das in der Lage ist, Abhängigkeit effektiv zu beurteilen und betroffene Personen zu untersuchen. Eine professionelle Beurteilung ist der beste Weg, das Problem klinisch abzuklären, die Fakten zu ermitteln und festzustellen, welche Art von Behandlungs- oder Genesungsdiensten die beste Therapiemöglichkeit bietet. Informieren Sie sich über Angebote und Möglichkeiten in Ihrer Nähe mithilfe des Österreichischen Suchthilfekompasses.
„Eine professionelle Beurteilung ist der beste Weg“
Selbsttest
Mithilfe der folgenden Tests können Sie Ihr Verhältnis zu Alkohol und Medikamenten kritisch überprüfen. Beantworten Sie der Reihe nach die gestellten Fragen so ehrlich wie möglich. In der anschließenden Auswertung erfahren Sie, ob Sie Ihr Umgang mit den genannten Substanzen bedenklich ist bzw. ob die Hinzuziehung von externer Hilfe ratsam wäre.
Hilfe aus der Abhängigkeit
Abhängigkeit ist individuell und betrifft den intimsten Lebensbereich eines Menschen. Doch Sie sind nicht alleine! Das Team der REVITA Therapiezentren steht Ihnen in jeder Lebenssituation zur Seite. Wir sind hier, um zu helfen.